Festigkeitsberechnung

Aus BS-Wiki: Wissen teilen
Version vom 4. Oktober 2008, 14:02 Uhr von Markusb (Diskussion | Beiträge) (Der Begriff der Festigkeit)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Viel Spaß beim Lesen dieses Artikels, der momentan jedoch noch nicht vollständig ist...

Der Begriff der Festigkeit

Festigkeit ist eine Werkstoffeigenschaft und beschreibt den mechanischen Widerstand, den ein Bauteil, z.B. eine Schraube oder ein Bolzen einer Verformung entgegensetzt (elastisch oder plastisch). Aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagrammwerden die relevanten Festigkeitswerte (Werkstoffkennwerte) ermittelt. Je nach Werkstoff, Temperatur, Belastungsart und Behandlungszustand können unterschiedliche Festigkeiten erreicht werden. Da die Werkstoffkennwerte im einachsigen Zugversuch ermittelt werden aber die Bauteile oft mehrachsig beansprucht werden (z.B. Wellen auf Biegung und Torsion), muss man unter Zuhilfenahme einer Festigkeitshypothese eine Vergleichsspannung ermitteln, um diese dann mit der bekannten Festigkeit zu vergleichen. Schwingend beanspruchte Bauteile müssen nach anderen Gesichtspunkten gestaltet und berechnet werden als rein statisch beanspruchte Bauteile. Niedrige Beanspruchungen können vom Bauteil (Werkstoff) beliebig oft ertragen werden, ohne zum Versagen zu führen. Aufgabe des Konstrukteurs ist es nun, entweder die Lebensdauer bei einer gegebenen Belastung oder die ertragbare Belastung bei einer geforderten Lebensdauer zu bestimmen.

Zum Einstieg möchte ich einen Überblick geben über Begrifflichkeiten und Abkürzungen, die in diesem Artikel häufig verwendet werden:

Tab 3-1neu.JPG
















Wovon hängt die Festigkeit von Bauteilen ab?
Antwort

Belastungen und Belastungsgrößen

Es sind dies:


F (Kraft in N),

Mb (Biegemoment in Nm),

T (Dreh- oder Torsionsmoment in Nm).

Belastungen wirken von außen auf ein Bauteil. Dieser Belastung im Bauteil wirken im Inneren Spannungen (=Beanspruchungen!) entgegen.
Die im jeweiligen gefährdeten Bauteilquerschnitt auftretende Spannung darf den für diese Stelle maßgebenden zulässigen Wert nicht überschreiten. Diese zulässige Spannung ist im Wesentlichen abhängig vom Werkstoff, von der Beanspruchungs- und Belastungsart sowie der geometrischen Form des Bauteils und anderen Einflüssen, wie z.B. Bauteiltemperatur, Eigenspannungen, Werkstofffehler, korrodierend wirkenden Umgebungsmedien oder dem Behandlungszustand. Die Dimensionierung eines Bauteils richtet sich vor allem nach der Art des möglichen Versagens, das in den meisten Fällen hervorgerufen wird durch

- unzulässig große Verformungen
- Gewaltbruch
- Dauerbruch
- Rissfortschreiten
- Instabilwerden (z.B. Knicken, Beulen)
- mechanische Abnutzung (z.B. Verschleiss, Abrieb)
- chemische Angriffe (z.B. Korrosion).




Der konstruktiven Auslegung eines Bauteils sind die ungünstigsten Verhältnisse zugrunde zu legen.


Welche Beanspruchungs- oder Belastungsarten sind Dir bekannt?
Antwort

Spannungen

Zug-/Druckspannungen ; Schubspannungen ; zusammengesetzte Beanspruchungen

Auf das Bauteil wirken im Betrieb gewollte und ungewollte Belastungen ein. Gewollte Belastungen sind funktionsbedingt, ungewollte resultieren meist aus unerwünschten Vorgängen (Belastungsstöße, Eigenspannungen..) Im Inneren unterscheiden sich die verursachten Kraft- und Momentwirkungen in Normalkräfte FN und Querkräfte FQ, Biegemomente M und Torsionsmomente T. Aus ihnen ergeben sich die Beanspruchungsarten Zug, Druck, Schub, Biegung und Torsion mit den entsprechenden Nennspannungen. Senkrecht zum Bauteil werden sie als Normalspannung (Zug-, Druck-, Biegespannung), in der Querschnittsebene liegend als Tangentialspannung (Schub-, Torsionsspannung) bezeichnet.
Die entsprechenden Berechnungsformeln zu den einzelnen Beanspruchungen finden sich in der folgenden Aufstellung:

Beanspruchungsarten


Bei zusammengesetzten Beanspruchungen liegen zwei oder mehrere Beanspruchungsarten gleichzeitig vor.
Wenn die Spannungen gleichartig sind kann eine resultierende Spannung σres errechnet werden.
Bei ungleicher Spannungsart wird eine Vergleichsspannung σv nach maßgebender Festigkeitshypothese gebildet.










Spannungshypothesen

Hypothesen3.JPG
Die NH wird bei spröden Werkstoffen und bei Schweißverbindungen angewendet.
Die GEH wird bei duktilen (zähen) Werkstoffen angewendet.
Die SH wird bei duktilen (zähen) Werkstoffen, die überwiegend durch Torsion beansprucht werden, angewendet.



Datei:Bild36.GIF


Merke: Mit Hilfe von σv = σred wird der bei einer zusammengesetzten Beanspruchung vorliegende mehrachsige Spannungszustand auf einen einachsigen Spannungszustand reduziert.(red = reduziert)

Belastungsfälle I, II und III

Je nach Art der zeitlichen Belastungsschwankung wird grundsätzlich unterschieden zwischen dem statischen und dynamischen Beanspruchungs-Zeit-Verlauf. Der statische Verlauf ist ein zeitlich konstanter Vorgang (Fall I) und der dynamische Verlauf ist allgemein zeitabhängig. Die Lage der Schwingspiele bzgl. der Beanspruchungs-Nulllinie ist für eine eindeutige Aussage hinsichtlich des Beanspruchungs-Zeit-Verlaufes von Bedeutung. Fall II beschreibt die schwellende Belastung. Beanspruchungen, deren Amplituden durch die Nulllinie verlaufen, werden als Wechselbeanspruchung (Fall III) bezeichnet. Für die Beschreibung der Beanspruchungs-Zeit-Verläufe wird von einem Schwingspiel ausgegangen, das durch folgende Kenngrößen beschrieben wird: Mittelspannung σm, Oberspannung σo, Unterspannung σu, Spannungsamplitude σa

Datei:Bild 3-1.GIF

Werkstoffkennwerte

Grundlage für die Ermittlung des Werkstoffgrenzwertes und der Bauteilsicherheit ist die Kenntnis über das Werkstoffverhalten bei Belastung. Im Anwendungsbereich des Maschinenbaus sind die Zugfestigkeit Rm, und die Elastizitätsgrenze Re bzw. Rp0,2 die Bemessungsgrößen, auf die die zugehörigen Festigkeitswerte für Zug/Druck und Schub bezogen werden. Das Werkstoffverhalten bei der Schwingbeanspruchung wird durch die tatsächliche Spannungsverteilung in einem Bauteilquerschnitt bestimmt. Durch dauernde, zu starke Spannungserhöhungen infolge geometrischer Kerben kommet es wg. ungleichmäßiger Spannungsverteilung zu einem allmählichen Ermüden des Werkstoffs. Der Trennwiderstand des Werkstoffes ist den Spannungsspitzen nicht mehr gewachsen, es kommt zu Mikrorissen, die schließlich Ursache des Dauerbruches sind. Dieser Vorgang lässt sich häufig an den Rastlinien auf der Dauerbruchfläche erkennen, ausgehend von den Mikrorissen pflanzt sich das Einreißen mit jeder höheren Belastungsspitze weiter fort. Der endgültige Bruch erfolgt als Gewaltbruch des Restquerschnitts (Restbruch).

Pedalarm.JPG
















erforderliche Sicherheiten

Datei:Sicherheit.JPG

Datei:Bild 3-29.GIF ZulSpa.GIF

Festigkeits- / Sicherheitsnachweis

Allgemein gilt: (σ, τ)vorh ≤ (σ, τ)zul
Falls diese Bedingung nicht gegeben sein sollte ist das Bauteil größer zu dimensionieren oder es ist ein anderer Werkstoff zu wählen.
Anstatt des Festigkeitsnachweises kann auch ein Sicherheitsnachweis geführt werden:
Dort gilt allgemein: Svorh ≤ Serf


Wöhlerkurve

Die Wöhlerlinie wird auch Grenzspannungslinie genannt, sie und der Wöhlerversuch bzw. Dauerschwingversuch sind Begriffe aus der Werkstofftechnik. Sie ist benannt nach August Wöhler, der zwischen 1858 und 1870 die ersten methodischen Schwingfestigkeitsversuche durchführte.
Mit dem Wöhlerversuch wird die Schwingfestigkeit von Werkstoffen oder Bauteilen ermittelt. Hierfür werden die Versuchskörper in bestimmten Zyklen, meist unter einer sinusförmigen Beanspruchungs-Zeit-Funktion, belastet.
Zur Ermittlung der Werte werden die Versuchskörper auf mehreren Lasthorizonten geprüft. Der Versuch läuft, bis ein definiertes Versagen (Bruch, Anriss) eintritt oder eine festgelegte Grenzschwingspielzahl erreicht wird. Versuchskörper, die die Grenzschwingspielzahl ohne erkennbares Versagen erreichen, gelten als dauerfest.

Unterhalb der Dauerfestigkeit σD kann ein Bauteil prinzipiell beliebig viele Schwingspiele ertragen. Belastungen oberhalb der Dauerfestigkeit bewirken ein Versagen des Bauteils nach einer bestimmten Zahl an Schwingspielen. Die Zahl der ertragenen Schwingspiele eines Bauteils unter Betriebsbelastung (variable Belastungsamplituden) bis zum Ausfall kann im Rahmen statistischer Genauigkeit mit Hilfe der Wöhlerlinie vorausgesagt werden. Man spricht hierbei von betriebsfester Bemessung eines Bauteils. Betriebsfestigkeit wird heute in nahezu allen Bereichen der Technik zum Zweck des Leichtbaus eingesetzt.

Woehlerkurv.JPG

Dauerfestigkeitsschaubild (DFS)

Für die verschiedenen Beanspruchungsarten werden die ermittelten Dauerfestigkeitswerte in Dauerfestigkeitsschaubildern für alle denkbaren Vorspannungen (σm, τm) eingetragen. Eine genaue Darstellung solcher Schaubilder setzt eine Vielzahl statistisch abgesicherter Wöhlerlinien und somit einen großen experimentellen Aufwand voraus. Mit ausreichender Genauigkeit lässt sich ein DFS aus wenigen charakteristischen Werkstoffkennwerten näherungsweise „konstruieren“. In der Praxis wird im allgemeinen Maschinenbau zumeist mit dem DFS nach Smith gearbeitet.
DFS nach Smith:
Bei gleichem Maßstab von Abszisse und Ordinate werden die zu einer bestimmten Mittelspannung σm gehörenden Werte von σO und σU für die jeweils gefundene Ausschlagfestigkeit σA aufgetragen. Bei σm = 0 (κ = -1) wird die Wechselfestigkeit σW und bei σU = 0 (κ = 0 ) die Schwellfestigkeit σSch abgelesen. In Höhe der Fließgrenze wird das DFS begrenzt.


Datei:DFSroh.JPG

Bild Dauerfestigkeitsschaubild allgemein


Aufgabe:
Konstruiere das Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith für den Werkstoff E335 im Maßstab 50 N/mm² = 1 cm.
gegebene Werte sind:
a) σm = 100 N/mm²
b) σm = 200 N/mm²
c) σm = 470 N/mm²
Rm = 590 N/mm²; Re = 335 N/mm²
gesucht wird die Ausschlags-, die Ober- und die Unterspannung.

Lösung


Beispielaufgaben

Aufgabe 1: Zugkraft und -spannung
Aufgabe 2: Vergleichsspannung
Aufgabe 3: Zugbelastung

Und hier geht es zu den Lösungen:

Lösungen


Quellen

Roloff/Matek: Maschinenelemente, Lehrbuch und Tabellenbuch, Vieweg Verlag, 18. Aufl. 2007, ISBN 3-834-80262-X , € 36,90.
Roloff/Matek Maschinenelemente Formelsammlung, Vieweg Verlag, 8. Aufl. 2006. ISBN 3-834-80119-4, € 20,90.
Roloff/Matek: Maschinenelemente, Lehrbuch, Vieweg Verlag, 11. Aufl. 1987
Maschinentechnik, Klett Verlag, 1 Auflage
M. Blesse 23. Sept. 2008