Atomkraftwerk

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Atomkraftwerk
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Kernenergie Brennstoffkreislauf

Ein Atomkraftwerk dient der Gewinnung elektrischer Energie durch Kernspaltung in Kernreaktoren.

Atommeiler.jpg

Atomkraftwerke in Deutschland

In Deutschland sind noch 17 Atomkraftwerke in Betrieb, in Norddeutschland z. B. Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel. Nach dem mit der Wirtschaft vereinbarten "Atomkonsens" sollen alle diese 17 Atomkraftwerke spätestens 2021 vom Netz gehen. Eine Übersicht der AKWs in Deutschland mit den geplanten Restlaufzeiten zeigt die nebenstehende Grafik von dpa.

Druckwasser-Reaktor

Atomkraftwerk

Bei den in Deutschland verwendeten Druckwasserreaktoren werden die schnellen Neutronen von Wasser als Moderator abgebremst. Sie übertragen dabei den größten Teil ihrer kinetischen Energie durch Stöße auf Wasser-Moleküle. Als langsames Neutronen können sie dann durch den Stoß mit einem Uran-235 eine erneute Kernspaltung auslösen. Es dürfen nicht mehr lange Neutronen zur Verfügung stehen, als durch Spaltung verbraucht werden, da die Kettenreaktion sonst außer Kontrolle gerät. Der Reaktor ist dann in einem kritischen Zustand. Kontrolliert wird der Reaktorzustand mit Hilfe von Regelstäben. Sie enthalten Stoffe, die Neutronen besonders gut einfangen, meist Borcarbid oder Cadmium. Wenn zu viele thermische Neutronen vorhanden sind, der Reaktor also überkritisch ist, werden die Regelstäbe teilweise in den Reaktorkern eingefahren. Bei unterkritischem Zustand werden sie weiter herausgezogen. Ein einziger voll eingefahrener Regelstab reicht aus, um einen Reaktor sofort abzuschalten. Aus Sicherheitsgründen wurden in den letzten 20 Jahren in Deutschland Druckwasser-Reaktoren bevorzugt. Im Gegensatz zu Siedewasser-Reaktoren haben sie zwei Wasserkreisläufe. Im Primärkreislauf dient das Wasser als Moderator und Kühlmittel. Es steht unter so hohem Druck, dass es nicht verdampfen kann. Der Dampf für die Turbinen entsteht über einen Wärmeaustauscher im zweiten Kreislauf. Dieser Sekundärkreislauf hat keinen Stoffaustausch mit dem Reaktor: Er ist daher gegen Radioaktivität geschützt.

Ein ungelöstes Problem: Endlagerung

Unter Endlagerung versteht man die endgültige und unbefristete Endlagerung von radioaktiven Abfällen.

Durch die hohe Gefährlichkeit und die Giftigkeit von radioaktiven Stoffen muss der Atommüll so gelagert werden, dass er nicht mit der Umwelt in Berührung kommt. Dies ist Problem, für das es noch keine Lösung gibt, bislang gibt es nur Versuchslager.

Vor der Endlagerung wird zwischen hochradioaktiven und mittelradioaktiven Stoffen getrennt und nach ihren Eigenschaften behandelt:

  • Die hochradioaktiven Stoffe werden in Glas eingeschmolzen und die Glasbehälter wiederum in Edelstahlbehälter eingeschweißt.
  • Die mittelradioaktiven Stoffe werden in geeigneten Fässern eingelagert.

Für die angestrebte Endlagerung werden Standorte wie Salzstöcke untersucht. Die Lagerstätten müssen so aufgebaut sein, dass die Schichten über einen Zeitraum von mindestens 10.000 Jahren (Halbwertzeit)geologisch stabil sind und die Gesteinsart möglich dicht ist, damit kein Wasser eindringen kann. Wasser würde die Behälter durch Korrosion zerstören und Schadstoffe lösen, die sich in die Umwelt transportieren könnten.

In Deutschland entstehen jedes Jahr 450 Tonnen radioaktive abgebrannte Brennelemente. Nach dem heutigen Stand der Technik müßte der Atommüll für Hunderttausende bis Millionen Jahre so sicher gelagert werden, daß sie nicht in die Umwelt entweichen können. Doch bis heute hat noch niemand einen Weg gefunden, wie man das bewerkstelligen könnte. Und der Müllberg wird von Jahr zu Jahr größer.

Das Hauptproblem der Endlagerung liegt vielmehr im langsamen Transport des endgelagerten Atommülls mit dem Grundwasser durch Advektion und/oder Diffusion vom Endlager in Richtung Biosphäre. Um auch im Falle eines Eindringens von Wasser ins Endlager einen Rücktransport des Atommülls in die Biosphäre möglichst klein zu halten, wird versucht, die verschiedenen Barrieren optimal aufeinander abzustimmen.

Atomkraftwerksunfälle

Tscheljabinsk (Russland) 1957

Am 20. September 1957 ereignete sich der wohl größte Atomkraftwerksunfall aller Zeiten. Die Nuklearanlage "Majak" wurde damals zur Anreicherung von Plutonium für das sowjetische Atomprogramm verwendet. In der Nuklearanlage wurde ein Gemisch verschiedener radioaktiver Abfälle der Plutoniumproduktion in großen Tanks gelagert. Die Tanks beinhalteten teilweise bis zu 80 Tonnen solcher Abfälle. Die hoch angeregten Substanzen zeigten eine hohe Reaktionsfähigkeit und es kam zu explosiven chemischen Reaktionen. So kam es, dass ein solcher Tank explodierte. Die Folgen des Unfalls waren unbeschreiblich. Eine Menge von ca. 20 Millionen Curie an Radioaktivität wurden frei gegeben. Ein rund 300 km langer und 70 km breiter Landstreifen wurden verseucht. Wie so oft bei Atomkraftwerksunfällen gelangten die Informationen erst ein Jahrzehnt später in die Öffentlichkeit.

Windscale (England) 1957

Im Atomkraftwerk in Windscale wurden immer wieder Temperaturanstiege bemerkt. Um dagegen zu wirken, wurden die Reaktoren regelmäßig ausgeheizt, um die gespeicherte Energie der Graphit-Atome freizusetzen. Am 7. Oktober 1957 wurde dieser Vorgang vorgenommen. Da die Reaktoren nicht für solche Ausheizungsvorgänge geplant waren, konnten die Operatoren während des besagten Ausheizungsvorganges keinen Temperaturanstieg feststellen und heizten den Reaktor weiterhin an, obwohl der Moderator wahrscheinlich bereits brannte. Am 10. Oktober meldeten Messgeräte, dass bereits in den Schornsteinen erste Mengen von Radioaktivität festgestellt wurden. Ein Techniker machte dann in einem Schutzanzug die Entdeckung des Brandes. Es wurde versucht, durch 25t Kohlendioxid den Brand zu löschen. Nachdem dies nicht funktionierte, wurde mit einer großen Menge Wasser der Brand gelöscht. Jedoch verdampfte dieses Wasser und der radioaktive Wasserdampf wurde über England und Teile Europas verbreitet.

Three Mile Island (USA) 1979

Am 28.März 1979 fiel bei arbeiten an der Kondensatreinungsanlage aufgrund eines technischen Defekts die Förderung von Kühlwasser im Sekunsarkreislauf im Atomkraftwerk aus. Dadurch schaltete sich durch die Notabschaltung ab. Trotz der Deaktivierung blieb ein Teil der thermischen Restwärme erhalten und der Druck im Primärkreislauf stieg an. Es öffnete sich ein Sicherheitsventil um dies auszugleichen. Jedoch schloss sich dieses Ventil nicht mehr und der Druck im Abwasserbehälter wurde mit der Zeit so hoch, dass ein Teil des radioaktiven Wasserdampfes in den Schutzbehälter (Hülle des Reaktors) eindrang. Somit sank der Druck im primären Kühlwasserkreislauf weiter ab. Ein weiterer Druckabfall führte zu einer Dampfwasserbildung. Nach einer gewisse Zeit, war die Zirkonium-Wasser Reaktion (Bildung von Wasser- und Sauerstoff)soweit fortgeschritten, dass es zur Explosion kam.

Folgen:

  • Die schlechte Ausstattung des Atomkraftwerkes spielte eine tragende Rolle.
  • Wenn das offene Ventil entdeckt worden wäre, hätte die Explosion verhindert werden können.
  • In Langzeitstudien wurden bei 30.000 Anwohnern keine gesundheitlichen Schäden festgestellt.
  • Jedoch war die psychische Belastung für viele Anwohner zu groß.


Tschernobyl (Ukraine) 1986

Am 25. April sollte im Block 4 ein Experiment durchgeführt werden, bei dem überprüft werden sollte ob, die Turbinen bei einem kompletten Stromausfall im Kraftwerk noch genügend Strom liefern können, um die Notkühlung des Reaktors zu gewährleisten. Um das Experiment unter realistischen Bedingungen durchführen zu können, wurde das Notprogramm "Havarieschutz" abgeschaltet. Durch einen Bedienungsfehler eines unerfahrenen Arbeiters fiel vor Beginn des Experiments die Reaktorleistung stark ab. Um diese wieder zu erhöhen, wurden Bremsstäbe entfernt und unterschritten die Minimalgrenze. Der Reaktor war noch schwerer zu beherrschen und begand sich in einem gefährlichen Sicherheitszustand. Jedoch wurde das Experiment trotzdem durchgeführt. Operatoren schalteten zu viele Kühlpumpen zu und Wasser kochte im Reaktor auf, da es nicht mehr verdampfte. Als dann der Strom abgeschaltet wurde, wurden die Turbinen nur noch durch Wasserpumpen angetrieben. Dadurch wurde weniger Kühlwasser durch den Reaktor gepumpt, was zu einer Leistungssteigerung des Reaktors führte. An dieser Stelle wäre der Havarieschutz angelaufen. Doch dieser war abgeschaltet. Als ein Arbeiter des sprunghaften Leistungsanstieg im Reaktor bemerkte, schaltete dieser den Havarieschutz ein. Doch dadurch entblößte der Reaktor einen gravierenden Konstruktionsfehler, der zu einem Todesstoß führte. Vergleich: Man fährt mit einem Auto ein Gebirge herunter und will auf die Bremse treten, doch gibt Gas. In der aktiven Zone begann eine chemische Reaktion zwischen dem Zirkonium und dem Wasserdampf. Es bildeten sich Wasser und Sauerstoff (Knallgas). Eine mächtige Knallgasexplosion zeriss den Reaktor, samt Umgebung. Ein großer Teil des radioaktiven Reaktorinhalts wurde nach draußen geschleudert. Die radioaktiven Strahlungen, die dabei freigesetzt wurden, waren 50 mal stärker als die von anderen Unfällen. Zwei Menschen wurden sofort getötet. In den späteren Wochen starben noch 30 Menschen. Weitere Todesfälle sind auf die Spätfolgen der Verstrahlung zurückzuführen, wie Krebserkrankungen.

Tokaimaru (Japan) 1999

Am 30. September 1999 brach in der Wiederaufbereitungsanlage Tokaimaru ein Feuer aus. In einem Abfallbehälter, in dem mittelradioaktive Abfälle mit Asphalt vermischt lagerten, entzündete sich ein Feuer. Das Feuer wurde wahrscheinlich nicht endgültig gelöscht und so glühte der Asphalt weiter. So konnte sich die Produktion von einem explosiven Gas entfalten. Eine große Menge von radioaktiven Gasen aus der Lagerhalle wurden freigesetzt und verbreiteten sich in der Umgebung.Die Gasentwicklung wurde dann von Mitarbeitern entdeckt und gestoppt.

Folgen:

Neben den umweltlichen Belastungen wurden 37 Mitarbeiter der Wiederaufbereitungsanlage kontaminiert. Auch bei diesem Unfall wurden die Informationen erst nach vielen Jahren herauskristallisiert und somit wurden die Folgen für die Bewohner erst später sichtbar.

Forsmark (Schweden) 2006

Bei Wartungsarbeiten in einem Umspannwerk außerhalb des Atomkraftwerkes war es zu einem Kurzschluss gekommen. Dadurch wurden zwei der drei Reaktoren vom Netz genommen. Für solche Fälle haben die Atomkraftwerke Generatoren, die den Betriebsstrom liefern. Schließlich muss die Kühlung des Reaktors aufrechterhalten bleiben und die Kernspaltung heruntergefahren werden. Die Stromversorgung versagte aber am 26. Juli 2006. Es soll wohl ein Netzkurzschluss in einem Teil des Atomkraftwerkes durchgeschlagen sein. Auch zwei der vier Notstromaggregate versagten. In der Folge war die Betriebszentrale für rund 20 Millionen blind. Man wusste nicht mehr in welchem Zustand sich der Reaktordruckbehälter befand. Erst dann gelang es, die Notstromversorgung vollständig in gang zu bringen und den Reaktorkern noch rechtzeitig zu kühlen.


Lernzielkontrolle: Quiz zu Radioaktivität und Kernenergie

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Lösung zum Quiz

Weblinks

Chemie Heute, Sekundarbereich 2, Schroedel Verlag, ISBN 978-3-507-10630-7


--Krischi