Presseberichte Juni 2006

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27. Juni: Landeszeitung zu den Standpunkten der SPD, CDU, Grünen

Zankapfel Autobahn

Antrag und Anfrage zur A 39

red Lüneburg.

Die SPD bereitet einen Antrag zur geplanten Autobahn A 39 für den Landtag vor, die Grünen haben eine Anfrage gestellt, die Christdemokraten halten in einer Stellungnahme keine Trassen-Variante, die durch Lüneburg führt, für machbar. Die A 39 ist und bleibt das Thema Nr. 1.

Der Lüneburger SPD-Landtagsabgeordnete Manfred Nahrstedt, ein Freund der so genannten Tunnel-Lösung, bereitet gemeinsam mit seinem Uelzener Partei-Kollegen Jacques Voigtländer einen Antrag für den Landtag vor. Danach soll sich die Landesregierung beim Bundesverkehrsministerium für eine Machbarkeitsstudie der A39-Tunnel-Lösung durch Lüneburg einsetzen. "Um Verzögerungen dieses wichtigen Infrastrukturvorhabens auszuschließen, muss die niedersächsische Straßenbauverwaltung umgehend mit den notwendigen Planungsarbeiten für einen möglichen Autobahntunnel beginnen", heißt es im Antrag.

Unterdessen hat der grüne Landtagsabgeordnete Andreas Meihsies eine kleine Anfrage im Landtag eingebracht. Er fragt: Hält die Regierung die Tunnel-Lösung überhaupt für realistisch, welche Mehrkosten entstehen und wird noch vor der Kommunalwahl eine neue Trasse für Lüneburg vorgelegt? Autobahn-Gegner Meihsies hält den Tunnel für ein Windei, "der Bund wird nie die Mehrkosten von mehreren hundert Millionen Euro übernehmen".

Wie Oberbürgermeister Ulrich Mädge lehnt die Lüneburger CDU jede Autobahntrasse über Stadtgebiet kategorisch ab. Alle Varianten führten dicht an Wohngebieten vorbei, würden Siedlungen von der Stadt abschneiden, geplante Baugebiete zerstören. Für die CDU gibt es nur eine Alternative, die Westumfahrung. Sie würde mit der Ostumgehung einen Ring um Lüneburg legen, die Stadt von Verkehr entlasten und die wirtschaftliche Entwicklung des Westens fördern.

26. Juni

Landeszeitung zur Aktion Menschenkette

A 39-Gegner sehen rot

400 Lüneburger protestieren gegen "Zerschneidung der Stadt"

rast Lüneburg.

"Eine Autobahn mitten durch die Stadt ist ein Anachronismus im 21. Jahrhundert - wir werden das verhindern. Das gilt für die jetzige Vorzugstrasse wie auch für alle anderen Varianten in Richtung Ebensberg." Das machte Oberbürgermeister Ulrich Mädge an ungewohnter Rednerstelle klar - auf der Freitreppe des Landgerichts, wo er vor 400 in der Protestfarbe Rot gekleideten Autobahngegnern sprach. Zuvor hatten ihm Stefanie Becker und Gabriele Parnow-Kloth 5000 Unterschriften gegen die geplante A 39 überreicht.

Mit Menschenkette, Protestzug und Kundgebung, organisiert von der Bürgerinitiative Lüne-Moorfeld, demonstrierten die 400 Lüneburger Sonnabend gegen die Vorzugstrasse. In die Menschenkette zum Aktionsauftakt zwischen Klärwerk und Meisterweg - nahe der geplanten Trasse - reihte sich auch Hannelore Boese ein, die am Kappelberg wohnt. "Eine Autobahn, die direkt durch Wohngebiete führt, ist unverantwortlich - die Natur wird zerstört." Wenige Meter neben ihr argumentierte Stefan Becker vom Moorweg: "Bei der Auswahl für die Trasse ist der Schutz des Menschen nicht genügend beachtet worden. In Lüne und Moorfeld sind Jung und Alt zusammengewachsen, das ist ein lebendiger Stadtteil, der zerstört wird. In der Grundschule wird kein Unterricht mehr möglich sein, das Kloster ist in baulicher Gefahr." Eine Tunnellösung, wie vom SPD-Landtagsabgeordneten Manfred Nahrstedt in die Diskussion gebracht, hält Becker "für nicht machbar, weil viel zu teuer". Zudem sei Lüne ein "biologisch sehr sensibles" Gebiet.

"Wir fordern unsere politischen Vertreter auf: Menschen- und Naturschutz auch hier" - dieses Plakat trugen Niklas Köhne und Jonas Spengler 30 Minuten lang auf dem Fußgängerüberweg am Klärwerk bei jeder gedrückten Grünphase hin und her. Flankiert wurden sie unter anderem vom grünen Landtagsabgeordneten Andreas Meihsies und CDU-OB-Kandidat Prof. Dr. Jürgen Lürssen. Den Verkehr zu blockieren, schafften sie nicht - die Ampelschaltung sieht lange Grünphasen für die Autofahrer vor.

Danach startete der Protestzug in die Innenstadt. Samt Transparenten mit Aufschriften wie "Wenn beten oder bitten helfen kann, lieber Gott, lieber Weihnachtsmann, befreit uns von diesem Wahn, wir wollen durch LG keine Autobahn" machten Demonstranten ihrem Ärger Luft und diskutierten die negativen Auswirkungen. Ortrud Doll, Erbstorfer Landstraße: "Eine Autobahn bringt Lüneburg wirtschaftlich nicht voran. Den Titel Weltkulturerbe könnte sich Lüneburg abschminken. Und auch eine Tunnellösung würde den Wald zerstören." Das sieht Peter Franke, Gorch-Fock-Straße, ähnlich: "Ein Tunnel bringt ein Grundwasserproblem und Senkungsschäden." Und den Sinn des Straßenbaus erklärte er so: "Straßen sollen Städte verbinden und sie nicht trennen."

Vor dem Landgericht machte Verena Fiedler von der BI deutlich, dass die A 39 einen lebendigen Stadtteil "mit Alteingesessenen und neu zugezogenen Familien zerschneiden" würde: "Das ist für uns unfassbar, wir fühlen uns bedroht." Stefanie Becker nannte weitere Forderungen: "Die B 4 nicht weiter ausbauen, die Lärmbelästigung eindämmen, andere verkehrspolitische Lösungen finden."

Die Äußerungen von OB Mädge gegen eine A 39 durch die Stadt wurden mit Applaus bedacht, es gab aber Pfiffe, als er sagte: "Wir brauchen die A 39, um den Wirtschaftsraum Lüneburg mit dem Süden zu verbinden. Verschiedene Trassenmöglichkeiten müssen untersucht werden - ich setzte mich für die A 39 ein, aber für eine menschenverträgliche Trasse."

Hamburger Abendblatt zur Aktion Menschenkette

Roter Protest gegen die Autobahn

Lüneburg: Anwohner wollen die Trasse der A 39 nicht. Rot gekleidet machten sich Bewohner der Stadtteile Lüne und Moorfeld auf zur Menschenkette.

Von Elke Schneefuß

Am Sonnabend morgen um halb zehn ist es geschafft: Lüneburgs Stadtteile Lüne und Moorfeld funkeln rot im Licht der Morgensonne. In rote T-Shirts gekleidete Anwohner formieren sich aus Protest gegen die A 39 zur Menschenkette - dicht an dicht stehen sie an der Erbstorfer Landstraße. Demonstranten aller Altersklassen tragen Transparente und rote Tücher, Flugblätter und Trillerpfeifen. "Mindestens 500 Menschen, vermutlich mehr", schätzt Mitveranstalterin Gabriele Parnow-Kloth (47), sind gekommen, um ihren Protest gegen die geplante Autobahn durch den Ostteil der Stadt öffentlich zu machen. Wie Ortrud Doll (49), die seit 20 Jahren eine zahnärztliche Praxis in Moorfeld betreibt: "Wir begreifen nicht, wie man uns so etwas zumuten kann", sagt sie. "Überall werden Ortsumgehungen gebaut und uns legt man die Trasse vor die Haustür."

"Das Geld kann man sinnvoller einsetzen", meint Claudia Kuchler (44), die seit sieben Jahren mit ihrer Familie in Moorfeld lebt. "Für die Schulen werden dringend Mittel gebraucht, da zahlen wir Eltern schon lange drauf."

Die Furcht vor der Zukunft ist allgegenwärtig: "Wenn die A 39 kommt, will ich hier weg", sagt Sabine Gade (40). Die Menschen im Viertel haben das Gefühl, einer Sache geopfert zu werden, die für sie keinen Nutzen hat: "Diese Autobahn brauchen nur die Spediteure", meint Gabriele Parnow-Kloth: "VW baut Arbeitsplätze ab und wir legen denen eine eigene Trasse vor die Werkstür - wozu soll das gut sein?"

Fragen, denen sich auch Oberbürgermeister Ulrich Mädge (56) später auf dem Lüneburger Marktplatz stellen muß. Die Autobahngegner überreichen ihm 5000 Unterschriften gegen die A 39, die sie im Stadtgebiet gesammelt haben. Das sonst so redegewandte Stadtoberhaupt tut sich schwer bei seiner Ansprache an das versammelte Volk - schließlich war Mädge einmal lebhafter Befürworter der Autobahn. Daß sie zur Sicherung von Arbeitsplätzen gebraucht wird, glaubt er noch immer, aber die sogenannte "Vorzugstrasse" will er nicht: "Ich lebe hier genauso gern wie Sie. Eine Autobahn mitten in der Stadt kann ich mir nicht vorstellen."

Quelle

24. Juni: Landeszeitung zur geplanten Menschenkette

Menschenkette gegen die A 39

rast Lüneburg.

Die Bürgerinitiative Lüne-Moorfeld hat eine Menschenkette gegen die geplante Autobahn A 39 organisiert. Die Teilnehmer treffen sich heute, Sonnabend, um 9 Uhr am Domänenhof, die Kette formiert sich um 9.15 Uhr zwischen Klärwerk und Meisterweg.

Anschließend, kurz nach 10 Uhr, starten die Teilnehmer zu einem Protestzug über den Lüner Weg und die Scholze-Kreuzung zur Innenstadt. Über die Rosenstraße geht es bis in Höhe Landgericht, wo eine kurze Kundgebung geplant ist. Dort werden auch mehrere tausend Unterschriften gegen die A 39 an Oberbürgermeister Ulrich Mädge überreicht.

23. Juni: Radio FFN zur geplanten Menschenkette

22. Juni: Hamburger Abendblatt zur geplanten Menschenkette

Rote Menschenkette soll Autobahn stoppen

Lüneburg: Protest gegen Route der A 39

Von Elke Schneefuß

Mit der Signalfarbe Rot wollen sie ein Zeichen setzen: Verena Fiedler (49) und Gabriele Parnow-Kloth (47), beide Gründungsmitglieder der Bürgerinitiative (BI) Lüne-Moorfeld, haben Großes vor. Eine Kette rotgekleideter Menschen soll am kommenden Sonnabend die vom Niedersächsischen Landesstraßenbauamt geplante Route der A 39 auf Lüneburger Stadtgebiet markieren. Mitten durch Wohngebiete und Kleingärten wird die Menschenkette führen, haarscharf am Kloster Lüne und an einer Grundschule vorbei.

Für die Aktion opfern die Mitglieder der BI viel Zeit und Energie: "Beschaulich ist mein Leben im Moment nicht gerade", sagt Verena Fiedler. Doch eine Alternative zu ihrem Engagement sieht sie nicht: "Ich habe mich noch niemals an einer Bürgerinitiative beteiligt, aber jetzt muß es sein." Kommt die Autobahn, ist es mit der Ruhe in ihrem Stadtteil vorbei. Schon jetzt leiden die Bewohner in Lüne und Moorfeld unter dem Lärm der nahe gelegenen Ostumgehung: "Wir haben 42.000 Fahrzeuge täglich statt der vorhergesagten 30.000. Noch mehr geht nicht."

Das Umfeld im Stadtteil hat sich seit Bekanntwerden der Autobahnpläne bereits verändert: "Bauvorhaben werden gestoppt, die ersten Häuser stehen leer", sagt Gabriele Parnow-Kloth, die seit 1987 in Moorfeld lebt. "Auch ich werde nicht bleiben, wenn die A 39 kommt." Die Sorge um ihr Stadtviertel bewegt die Menschen. "Wir haben 5.000 Unterschriften gegen die Trasse gesammelt. Am Sonnabend werden wir sie dem Oberbürgermeister überreichen." Dass ihr Protest eine breite Basis hat, ist auch andernorts zu spüren: Den Eingang von bislang 7.000 Stellungnahmen zur A 39 bestätigt Regierungsdirektor Holger Manthey, Leiter der Raumordnungsbehörde in Lüneburg. Es gab säckeweise Post, nicht nur aus der Region: "Die meisten Zuschriften sind ablehnend", so Manthey. Und die Papierflut ist noch nicht gestoppt. "Die Frist läuft bis zum 30. Juni. Einige der betroffenen Städte und Gemeinden dürfen sich bis Mitte Juli äußern." Die Kommunalpolitiker versuchen derweil eine Schadensbegrenzung: Tunnellösungen und andere Trassenführungen werden ins Gespräch gebracht. All dies findet bei Anette Niemann, Sprecherin des Dachverbands der Bürgerinitiativen, keine Gnade: "Andere Streckenverläufe helfen uns nicht weiter, auch in diesen Regionen leben Menschen und Tiere. Wer braucht die A 39 denn wirklich? Das ist doch die Frage, über die wir diskutieren müssen."

Quelle

17. Juni

Landeszeitung zur geplanten Menschenkette

Der Protest gegen die A39 ist in Lüne und dem Moorfeld riesengroß: Dort, wo die mögliche Trasse entlangführen soll, präsentieren die Gegner rund 5000 Unterschriften (v. l.): Gabriele Parnow-Kloth, Dr. Frank Kracht, Henning Pabst und Verena Fiedler. Foto: t&w

Menschenkette gegen die Trasse

Bürgerinitiative Lüne-Moorfeld will am geplanten Streckenverlauf demonstrieren

ca Lüneburg.

Mit einer Menschenkette demonstriert die Bürgerinitiative Lüne-Moorfeld am Sonnabend, 24. Juni, gegen die geplante A 39. Die Aktivisten wollen von 9 Uhr den Streckenverlauf zwischen Kläranlage und Meisterweg nachstellen. "Wir rechnen mit mindestens 350 Teilnehmern", sagt Verena Fiedler von der BI. "Wir wollen unser Viertel nicht von der A 39 verschandeln lassen." Auf der Bockelmannstraße müssen Autofahrer mit Behinderungen rechnen: Protestierer wollen immer wieder die Fußgängerampel am Tierheim benutzen.

Anschließend geht um 10 Uhr ein Demonstrationszug vom Lüner Weg aus über Bleckeder Landstraße und Scholze-Kreuzung zum Marktplatz, um Oberbürgermeister Ulrich Mädge die Kopien von mehr als 5000 Unterschriften gegen das Autobahnprojekt zu überreichen. Die Botschaft der BI: Politiker sollen sich gegen einen Trassenverlauf durch die Stadt engagieren. Die Initiative überlegt zudem, die Originalunterschriften nach Berlin zu bringen, um auch dort den Protest der Region zu dokumentieren.

Äbtissin Barbara Taglang spricht sich generell gegen die so genannte Vorzugsvariante aus, sie sieht das Kloster Lüne und seine Kunstschätze gefährdet. Auch die diskutierte Tunnellösung lehnt die Äbtissin ab. Neben den Erschütterungen, die ein Bau mit sich brächte, fürchtet sie um die jahrhundertealte Wasserversorgung des Klosters: Der Grundwasserspiegel könne sinken und so auch Quellen des Mühlenteiches versiegen lassen. Das Wasser des drei Meter höher liegenden Teiches speist die gerade aufwändig historisch rekonstruierten Gärten des Klosters und beispielsweise auch den Brunnen in der Eingangshalle.

Landeszeitung zum Stand der Einwendungen (7.000)

Einwände gegen A 39

Behörde wertet 7000 Schreiben aus

ml Lüneburg.

Mit Einwendungen kennt Bernd Rczeppa sich aus, Kritik ist sein Geschäft. Er und drei Kollegen sichten derzeit bei der Regierungsvertretung Lüneburg für das Raumordnungsverfahren die schriftlichen Einwände von Bürgern, Verbänden, Initiativen, Kommunen und Fachbehörden gegen den Bau der Autobahn 39.

"Rund 7000 Einwendungen sind bislang bei uns eingegangen", schätzt Rczeppa, doch erst 3000 seien nach Gemeinden sortiert, ausgewertet und in eine Datenbank eingegeben worden. Die Qualitätsunterschiede seien groß. "Erfrischend" nennt der Sachbearbeiter Einwendungen, die neue Aspekte für das Raumordnungsverfahren eröffnen. "Gemeinden und Einzelpersonen sind tief in die Planungsunterlagen eingestiegen, liefern detaillierte Hinweise, die uns weiterhelfen", so Rczeppa.

Als "Massengeschäft" bezeichnet er hingegen die zahlreichen Mehrfachsendungen, die per Post, Fax, E-Mail - direkt oder über eine Kommune - seine Behörde erreichen. In der Papierflut finden sich auch viele Serienbriefe - der Inhalt ist identisch, nur die Unterzeichner variieren. "Dadurch relativiert sich natürlich die Zahl von 7000 Einwendungen", so der Sachbearbeiter.

Doch das Ende der Fahnenstange ist vermutlich noch nicht erreicht. Bis zum 30. Juni läuft noch die Frist, in der Einwendungen bei der Regierungsvertretung eingereicht werden können. Geduldig werden Rczeppa und seine Mitstreiter auch weiterhin jedes Schreiben lesen, auswerten und erfassen - für den Sachbearbeiter kein Problem, schließlich ist es nicht sein erstes großes Verfahren. "Allein 25 000 Einwendungen hatten wir beim Raumordnungsverfahren für die so genannte Y-Trasse für die Bahnstrecke Hannover-Hamburg", erinnert sich Rczeppa.

Unterdessen werten die Verantwortlichen des Dachverbandes der Bürgerinitiativen gegen die A 39 zahlreiche Äußerungen und Veröffentlichungen zur Finanzierung von Autobahnprojekten "als Abgesang auf die A 39". Unter anderem hatten Ministerpräsident Christian Wulff und Wirtschaftsminister Walter Hirche wiederholt die Bedeutung von Investorenmodellen unterstrichen, da die klassische Finanzierung wegen der Lage der öffentlichen Kassen an ihre Grenzen stoße. Beispielhaft sei die Küstenautobahn A 22.

Die A 39 spielt bei diesen Überlegungen keine Rolle. Deshalb schlussfolgert Dachverbandssprecherin Annette Niemann: "Offenbar hat sich die Lobbygruppe für die A 22 bei der Landesregierung gegen die hiesigen Lobbyisten für die A 39 durchgesetzt."

14. Juni

Landeszeitung zum Besuch des Verkehrsministers

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Ein Lkw-Fahrverbot auf der B 4 sei „keine Patentlösung“ für Melbeck, blockte Verkehrsminister Walter Hirche entsprechende Forderungen ab. Zunächst sollten sich die Kommunen vor Ort einigen.
Foto: t&w

Enttäuschte Melbecker

Minister Hirche bringt das ersehnte Lkw-Fahrverbot auf der B 4 nicht mit

kre Melbeck.

Lange Gesichter in Melbeck: Niedersachsens Verkehrsminister Walter Hirche (FDP) sperrte sich gestern Abend bei einer Diskussion in Melbeck gegen die Forderung der Anwohner, die B 4 für den Lkw-Durchgangsverkehr zu sperren. Hirche: "Das ist keine Patentlösung." Nötig sei jetzt vielmehr, dass sich die Landkreise Lüneburg, Uelzen, Gifhorn und die Stadt Lüneburg auf ein gemeinsames Konzept einigten. Der Minister tadelte "Regionalegoismus" vor Ort. Sollte der Schulterschluss in der Region jetzt nicht gelingen, würde er die Kommunen im September ins Ministerium bitten. "Bis Ende des Jahres gibt es eine Lösung für Melbeck", versprach der Minister. Diskussionsteilnehmer übergaben Resolutionen, drängten Hirche zu größerer Eile. Auf die A 39 sollten die Betroffenen aber nicht setzen, mahnte Hirche, die löse nur überregionale Probleme, keine lokalen.

Seite 3

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Niedersachsens Verkehrsminister Walter Hirche(FDP) stellte sich in Melbeck den Fragen von gut 200 Bürgern. Ein Durchfahrtverbot für Lkw sei kein Patentrezept, meinte er. Am Zug seien die Kommunen, die sich auf ein gemeinsames Konzept einigen müssten, mahnte Hirche. Foto: t&w

"Regionalegoismus hilft nicht"

Verkehrsminister Hirche: Schulterschluss der Region nötig - B 4-Verbot für Lkw "keine Patentlösung"

kre Melbeck.

Der Minister kam, doch er kam mit leeren Händen. Dafür bekam er Schelte. Wer gehofft hatte, dass Verkehrsminister Walter Hirche (FDP) die Verfügung im Gepäck habe, mit der der Lkw-Durchgangsverkehr durch Melbeck untersagt würde, irrte. Enttäuscht reagierten gestern Abend bei der CDU-Veranstaltung im Melbecker "Landhaus" die mehr als 200 Bürger.

"Wir lassen uns nicht länger hinhalten. Wir wollen Taten sehen!", mahnte der stellvertretende Melbecker Bürgermeister Klaus Hübner und überreichte eine Resolution der Gemeinden Melbeck, Bienenbüttel, Jelmstorf und Tätendorf/Eppensen. "Was hier auf der B 4 abgeht, ist menschenverachtend", unterstrich der stellvertretende Ilmenauer Verwaltungschef Waldemar Höfner.

"Ich kann Ihnen keine Patentlösung bieten", räumte Hirche ein. Auch die A 39 sei kein Allheilmittel. "Die Autobahn löst überregionale Probleme, nicht die vor Ort". Ziel müsse deshalb laut Hirche sein, "die auswärtigen Verkehre von der B 4 zu vergrämen". Am Zug seien aber die Kommunen. Gelänge es den Landkreisen Lüneburg, Gifhorn, Uelzen und der Stadt Lüneburg jetzt nicht, "eine gemeinsame Linie zu finden", mahnte Hirche, "werde ich sie im September ins Ministerium bitten. Regionalegoismus hilft uns hier nicht weiter." Hirche prognostizierte, dass "wir zum Ende des Jahres eine Lösung für die Melbecker haben werden". Darauf Waldemar Höfner empört: "Da gehen doch wieder sieben Monate ungenutzt ins Land".

"Die Landkreise sind sich einig", entgegnete der Erste Kreisrat Dr. Stefan Porwol, die Stadt Lüneburg wünsche noch Gespräche und die IHK habe massive Bedenken. Ministerliche Vermittlung sei aber unnötig: "Das schaffen wir alleine."

Hirche erinnerte die B 4-Anwohner daran, dass ein Durchfahrtverbot nur bei bestimmten rechtlichen Voraussetzungen verhängt werden könne: "Lärm alleine ist laut EU-Recht noch kein Argument."

Das Dilemma der Region machte der Erste Kreisrat Dr. Stefan Porwol deutlich: "Durchfahrtverbot: Ja, aber nicht zu Lasten anderer. Wir müssen darauf achten, dass wir mit einer Anordnung nicht andere Gemeinden belasten." Porwol sieht die Gefahr, dass Lkw-Verkehr von der B 4 auf die B 209 verdrängt werde. Besser sei deshalb, so Porwol, "wenn der Lkw-Verkehr die A 7 erst gar nicht verlässt".

Seite 4

Landeszeitung zur sogenannten Tunnellösung

Tunnel technisch möglich

A 39: SPD-Politiker fordern Studie

cn Lüneburg.

Diplom-Ingenieur Rolf Bielecki, Leiter des Projekts „Vierte Röhre Elbtunnel“, hält die Tunnel-Idee in Lüneburg für realisierbar. Foto: cn

Was in Städten wie Berlin, Leipzig und Erfurt möglich ist, muss auch in Lüneburg gehen. Meinen die SPD-Landtagsabgeordneten Manfred Nahrstedt und Jacques Voigtländer und sprechen eine Tunnellösung für die Vorzugsvariante der Autobahn 39 an. Unterstützung bekommen sie nun von einem Fachmann: Diplom-Ingenieur Rolf Bielecki, Leiter des Bauvorhabens "Vierte Röhre Elbtunnel", sagt: "Technisch ist das kein Problem."

Nahrstedt hatte die Tunnellösung für den Bereich zwischen Stadtkoppel und Lüne ins Gespräch gebracht, um die Belastungen in diesem sensiblen Bereich möglichst gering zu halten (LZ berichtete). "Stadtentwicklung, Schutz des Klosters Lüne, Bestrebungen, Weltkulturerbe zu werden" seien die Schlagworte.

Mit seinem Uelzener Kollegen Voigtländer fordert Nahrstedt vom Land Niedersachsen, eine Machbarkeitsstudie für den Tunnel in Auftrag zu geben. Fest steht für sie: "Das ist eine sinnvolle Lösung. Andernfalls wird das Projekt durch endlose Prozesse verzögert." Unterstützung erhalten sie von berufener Stelle. Rolf Bielecki, Bauleiter der vierten Elbtunnel-Röhre und Lehrbeauftragter für unterirdisches Bauen an der Uni Lüneburg, sagt: "Das Vorhaben ist mit den Mitteln des modernen Tunnelbaus umsetzbar."

Zwei Röhren mit jeweils zwei Fahrspuren und einem Standstreifen schweben ihm vor, dazu Fluchttunnel und Rauchabzugskanäle. Auch der hohe Grundwasserstand im Bereich des Klosters Lüne sei kein Problem: "Der Spiegel kann erhalten bleiben." 1,5 Kilometer Tunnel wären nötig, dazu 750 Meter, die in offener Bauweise errichtet werden könnten - was kostengünstiger sei als der Tunnelbau im Schildvortriebsverfahren. Eine Kostenschätzung will er nicht abgeben: "Erst muss die Studie auf dem Tisch liegen."

Die soll nach den Vorstellungen von Nahrstedt und Voigtländer in Kooperation mit der Uni Lüneburg erstellt werden. Eine Westvariante der A 39 kommt für die Politiker hingegen weiterhin nicht infrage. Auch die Uelzener lehnten eine Trasse im Westen strikt ab, so Voigtländer.

Arbeitskreis besucht Kloster

Eine Tunnellösung war auch Thema beim Besuch des SPD-Arbeitskreises für Verkehr im Kloster Lüne. Zehn Abgeordnete aus Hannover machten sich ein Bild möglicher Probleme einer Ostvariante. Äbtissin Barbara Taglang: „Das Problem wird die ständige Erschütterung durch den Verkehr sein.“ Mauerwerk und Kunstschätze würden stark in Mitleidenschaft gezogen, der Klosterbrunnenvielleicht versiegen.

Die Gruppe will einen Antrag im Landtag unterstützen: eine Tunnelvariante und die Kosten dafür zu prüfen.

Landeszeitung-Rubrik "Angespitzt"

Angespitzt.jpgProjekt A 39: Die heiße´Kartoffel

H.-H. Jenckel Lüneburg.

Die heißeste Kartoffel im Kommunalwahlkampf, in der Stadt wie im Landkreis Lüneburg, wird ohne Frage die Autobahn A39. Schöne Schulen, viele Lehrer, kostenlose Kindergartenplätze, mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze wollen alle, die Autobahn nicht.

Noch im letzten Kommunalwahlkampf gehörte es in den bürgerlichen Parteien zum guten Ton, ohne Wenn und Aber für die Autobahn von Lüneburg nach Wolfsburg zu sein. Das verspreche wirtschaftliches Wachstum. Sozusagen war die A250 da immer nur als 1. Bauabschnitt der Tangente Hamburg-Wolfsburg zu verstehen. Und fast niemand moserte.

Seit aber nach der Trasse für die Autobahn gesucht wird, ist der Protest allgegenwärtig. Und bei vielen Befürwortern unter den Kommunalpolitikern ist aus dem „Ohne Wenn und Aber“ nur das Aber stehen geblieben.

Aber bedeutet dabei – natürlich immer nur aus Sachzwängen heraus – a b e r nicht in meinem Wahlbereich. Dahinter steckt wohl auch das Kalkül: Viele Autobahn-Gegner würden gar nicht zum harten Widerstand zählen, sondern seien als Jünger des St.-Florian-Prinzips nur gegen die Autobahn vor der eigenen Tür. Man ziehe also mit dem „Aber-nicht-hier“ stillschweigend an einem Strang. Das ist nicht nur ein riskantes, sondern auch ein durchsichtiges Spiel. Und angesichts der brillanten Vernetzung des A39-Widerstandes könnte der Schuss nach hinten losgehen.

Nur die Grünen, die waren immer schon dagegen, schon aus Öko-philosophischen Gründen. Asphalt und Grün – das ist wie „A 39 Nein Danke“. Wenn da nicht die Brüder im Bund gewesen wären. Denn den Bundesverkehrswegeplan, in dem die A39 in die Champions League der Projekte aufrückte, haben die Grünen mit abgenickt. Reiner Koalitionszwang, beteuern die Grünen.

Vor Ort sei man immer im Widerstand gewesen und sei darin moralisch auch von grünen Polit-Profis aus Berlin bestärkt worden. Koalition hin, Koalition her. Seit die A39 ins Bewusstsein gerückt ist, die Grünen bei der Europawahl vor zwei Jahren traumhafte Zuwächse bilanzierten, machen sie sich mit dem Nein zur Autobahn erstmals ernste Hoffnungen auf einen Bürgermeisterposten im Landkreis.

Schwieriger ist die Sache da schon für Landratskandidaten, die in Stadt und Landkreis Stimmen fangen müssen. Da funktioniert nur Ja oder Nein, nicht St. Florian. Oder doch? Kandidat Manfred Nahrstedt hat für sich den Königsweg gefunden: Die Autobahn muss quasi an neuralgischen Punkten verschwinden. Zaubern geht nicht, aber tunneln. Der Autobahn-Tunnel für Lüneburg mag den Westen beruhigen, heißt aber auch: klares Ja zur Trasse durch die Stadt.

Sein Konkurrent Dr. Stefan Porwol bevorzugt in einem seiner wenigen Statements zur Trasse in der LZ die Pose des Diplomaten: Überrascht sei er vom Vorschlag der Planer, Fragen hat er, prüfen will er – „im Sinne der Menschen“. Das klingt zumindest zauberhaft sibyllinisch und stinkt nicht nach Asphalt.

9. Juni

Interview der Landeszeitung mit Eckart Hien, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts

In Sachen A 39 haben wir zunächst keine Ahnung

Bundesverwaltungsrichter Hien sieht beschleunigte Planung mit Skepsis

Das Interview führte Joachim Zießler

In den neuen Bundesländern gilt bei der Planung von Mammutverkehrsprojekten das Prinzip "kurzer Prozess". Nur eine Instanz, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, entscheidet über die Einsprüche von Anwohnern und Umweltschützern. Dieses Prinzip will der Bundestag auch auf 86 Großprojekte im Westen übertragen. Ein fragwürdiger Plan, findet Eckart Hien, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts. Die Verfahren könnten sich in Leipzig stauen. Zudem wird der Sachverstand der Oberverwaltungsgerichte ohne Not ausgeklammert.

Auch in der Rechtsprechung zieht betriebswirtschaftliches Denken ein, Beschleunigung der Verfahren wird angestrebt. Ist es nicht gefährlich für die Judikative, wenn sie sich Effizienzkriterien beugt?

Eckart Hien: Die Beschleunigung von Gerichtsverfahren ist kein geborgtes Kriterium, sondern ein generelles Ziel. Rechtsschutz muss, wenn er effektiv sein will, auch rechtzeitig sein. Ein Rechtsschutz, der Jahre zu spät kommt, verfehlt seine eigentliche, befriedende Wirkung.

Sollte nicht grundsätzlich in Gerichten Gründlichkeit vor Schnelligkeit kommen?

Hien: Das darf man nicht gegeneinander ausspielen. Es ist natürlich so, dass die richterliche Entscheidung auch richtig sein soll. Aber beides sind keine Gegensätze. Vielmehr muss versucht werden, beide Ziele zusammen zu erreichen.

Nie musste das Bundesverwaltungsgericht weniger Fälle behandeln als im vergangenen Jahr. Lässt die Prozessierlust nach?

Hien: Es ist generell ein Rückgang bei den Asylverfahren festzustellen. Und die waren zahlenmäßig immer sehr umfangreich, so dass sich ein Rückgang in diesem Bereich sofort statistisch erheblich niederschlägt. Darüberhinaus gibt es auch eine generelle Tendenz eines leichten Rückgangs der Verfahrenszahlen. Das hängt in erster Linie mit der Änderung des Rechtsmittelrechts zusammen. Mit der Zulassungsberufung und der Zulassungsrevision gibt es seit 1996 zwei zu übersteigende Hürden, bevor ein Verfahren eröffnet wird.

Große Verkehrsprojekte in den neuen Bundesländern werden in erster und letzter Instanz vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Hat sich der kurze Prozess bewährt?

Hien: Seit Anfang der 90er-Jahre sind wir erst- und letztinstanzlich zuständig für die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, also für die größeren Investitionen in Straße, Schiene und Flughäfen. Im Durchschnitt haben wir diese Projekte in zehn Monaten erledigt - ein angesichts des Umfangs der Planungsvorhaben erfreulich kurzer Zeitraum. Von daher hat sich aus Sicht der Beteiligten die Verkürzung des Verfahrens bewährt.
Man kann diese Situation in den neuen Bundesländern aber nicht umstandslos auf die gesamte Bundesrepublik übertragen. Es gab damals in den neuen Ländern eine Sondersituation. Eine Verwaltungsgerichtsbarkeit war nicht vorhanden, musste erst aufgebaut werden. Zudem waren die Verkehrswege in einem maroden Zustand. Sie bedurften, um das Zusammenwachsen zwischen Ost und West zu beschleunigen, einer raschen Verbesserung. Diese Situation haben wir in den alten Bundesländern nicht.

Dennoch soll dieses Modell künftig auch auf den Westen übertragen werden. Würde der Bau der A 39 unter diese Verfahrensart fallen?

Hien: Ja, die A 39 ist in der Liste der 58 Fernstraßenprojekte, die in dem Gesetzesentwurf enthalten sind, dabei.

Aber Sie sind eher skeptisch, ob diese Übertragung auf den Westen angemessen ist?

Hien: Einerseits würde das Bundesverwaltungsgericht Leipzig gerne die Herausforderung annehmen, alle großen Verkehrsprojekte der Republik erst- und letztinstanzlich zu behandeln. Aber es gibt zwei Probleme: 1. Die Staugefahr. Wenn aus der gesamten Republik zeitnah Großverfahren auf uns zu kommen, können wir die natürlich nicht nebeneinander abarbeiten wie es der Fall wäre, wenn sie zunächst bei den 15 Oberverwaltungsgerichten auflaufen würden. Wir müssten sie nacheinander abarbeiten, was den Beschleunigungseffekt schon wieder aufheben würde.
2. Es gäbe bei dieser Vorgehensweise ein verfassungsrechtliches Problem. In den Planfeststellungsverfahren wird sehr häufig Landesrecht angewandt: Landesnaturschutzrecht, Landesverkehrsrecht, Landesdenkmalschutzrecht und so weiter. Und es passt nicht in unseren föderalen Gerichtsaufbau, dass das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich über Landesrecht entscheidet.

Sie sind nur für Bundesrecht zuständig?

Hien: Wir sind im Prinzip tatsächlich nur für Bundesrecht zuständig.

Gewänne das Bundesverwaltungsgericht im Fall der Fälle an Bedeutung auf Kosten der OVGs?

Hien: Es wäre sicher für die OVGs ein gewisser Bedeutungsverlust. Der ist nicht zuletzt deshalb sachlich ungerechtfertigt, weil ja gerade die Oberverwaltungsgerichte die regionalen Besonderheiten besser kennen. Nehmen wir als Beispiel die A 39. Wir in Leipzig haben von den regionalen und lokalen Gegebenheiten zunächst keine Ahnung, während sich die Oberverwaltungsgerichte in diesem Bereich besser auskennen.

Würde bei einer Übertragung der Ost-Kriterien auf den Westen nicht allzu leichtfertig das rechtsstaatliche Prinzip der Überprüfbarkeit von Urteilen über Bord gekippt?

Hien: Das ist ein weiteres Problem, dass die gerichtliche Überprüfung auf eine einzige Instanz zusammenschrumpft. Allerdings schreibt das Grundgesetz nicht zwingend vor, dass man mehrere Instanzen haben muss. Es würde dem grundgesetzlich vorgeschriebenen effektiven Rechtsschutz noch genügen, wenn eine Instanz den Fall bearbeitet - die aber gründlich. Ich sehe weniger eine Gefahr mangelnden Rechtsschutzes, sondern eine der Aufstauung der Verfahren und die Gefahr eines Bruchs mit dem föderalen Aufbau unseres Rechtssystems.

Nur fünf Prozent der Verwaltungsgerichtsverfahren durchlaufen überhaupt zwei Instanzen. Ist der beabsichtigte Justiz-Turbo überflüssig?

Hien: Das ist eben die Frage, ob man die Grundsätze unseres föderalen Gerichtsaufbaus opfert, obwohl der reale Beschleunigungseffekt im Durchschnitt nicht sehr hoch sein wird. Denn schon bisher ist es so, dass die meisten Planungsverfahren, die vor den Oberverwaltungsgerichten landen, auch von dieser Instanz abschließend erledigt werden. Nur in etwa fünf Prozent der Fälle wird ein echtes, zweites Verfahren vor einem Revisionsgericht durchgeführt. Es würde also mitnichten generell eine Instanz eingespart.
Diese Bedenken habe ich im Mai bei einem Hearing im Verkehrsausschuss auch vorgetragen.

Kommt es dennoch zu einer Übernahme des beschleunigten Ost-Verfahrens?

Hien: Wie ich die Verkehrspolitiker kenne, werden sie alles daransetzen, jede Beschleunigungsmöglichkeit zu realisieren. Wenn ich eine Sportwette abgeben müsste, würde ich sagen: Das kommt noch dieses Jahr.

8. Juni

Landeszeitung über Einschätzung von Eckart Hien, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts

Skepsis bei Beschleunigungsgesetz

Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes spricht mit Lüneburgern

jz Lüneburg.

Einen kurzen Prozess in Sachen A 39 erwartet Eckart Hien, Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes, falls sich Verkehrspolitiker der großen Koalition mit dem Plan durchsetzen, das ostdeutsche Beschleunigungsgesetz auf den Westen zu übertragen. In diesem Fall wäre das Leipziger Bundesverwaltungsgericht die einzige Instanz, die über Einsprüche von Anwohnern und Naturschutzverbänden entscheiden würde. Hien äußerte sich im Interview mit der LZ skeptisch zu diesen Plänen: Eine wirkliche Beschleunigung sei nicht sicher. Zudem würde der Sachverstand des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg ausgeklammert.

Hien nimmt im Seminaris an der bis Freitag dauernden Flurbereinigungsrichtertagung teil, die vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht und dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium ausgerichtet wird.

65 Teilnehmer aus der ganzen Bundesrepublik, unter ihnen auch Friedrich-Otto Ripke, Staatssekretär des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, diskutieren über Probleme ländlicher Entwicklung und der Flurbereinigung.

Gestern Abend wurden die Juristen im Lüneburger Rathaus von Oberbürgermeister Ulrich Mädge empfangen.

Das Interview der Woche lesen Sie am Freitag in der LZ